Der Herbst ist die schönste Jahreszeit

Liebe Leserinnen und Leser

Da bin ich wieder. Ich deutete es bereits an, es könnte kurz vor Weihnachten werden bis ich wieder schreibe und so ist es irgendwie auch fast. 🙂

Der Herbst ist bekanntlich mein Lieblingsmonat. Nicht nur, weil ich im Oktober Geburtstag habe, sondern auch so ganz allgemein. In 2023 ist der Oktober ein ausgesprochener Reisemonat gewesen und auch jetzt sitze ich auf einem Flusskreuzfahrtschiff in Richtung Wien. Während ist aus meinem Fenster und auf die vorbeiziehende Landschaft an der Donau schaue, widme ich mich heute mal wieder meinem Blog.

Wie ihr vielleicht gemerkt habt, ist mein Blog umgezogen. Statt wie bisher unter www.anjas-blog.ch, findet ihr ihn von jetzt ab unter www.anjas-blog.com! Hier wird er bleiben.

So, nun zu mir: Am 5. September war ich im PET-CT. Die ersten 6 Gaben mit Cemiplimab lagen hinter mir und es war an der Zeit zu schauen, ob das Zeug auch noch mehr drauf hat, als mir nur eine ganze Reihe an unschönen Nebenwirkungen zu bescheren. Leider konnte mein Arzt unseren Gesprächstermin am 13. September nicht persönlich wahrnehmen, da er im OP stand. Eine Ärztin informierte mich daher über den Bericht der Bildgebung: an mehreren Stellen ist die Aktivität in den Lymphknoten zurückgegangen, zum Teil ganz verschwunden, an anderen Stellen hatte es dafür einige neue im PET-CT leuchtende Lymphknoten. In Summe kann man das alles als positiv bewerten und deshalb stand fest: die Therapie wird fortgesetzt! Ich hatte noch einige Fragen, auf die die Gute aber verständlicherweise wenig eingehen konnte. Sie war ja nur kurzfristig eingesprungen und kannte deshalb nicht meinen ganzen Fall. Immerhin wusste ich jetzt, dass die Lage für den Moment stabil zu sein schien und das reichte mir für den Moment. Bevor ich ging, gab man mir noch einen neuen Termin für den 1.11. – dann bei meinem behandelnden Oberarzt. Wozu dieser Termin sein sollte, war mir ehrlich gesagt nicht ganz klar. In den nächsten Wochen würde es keine neuen Erkenntnisse geben. Aber nun denn. Mehr oder weniger beruhigt – ich war mir diesbezüglich nicht ganz sicher – ging ich nach Hause. In den nächsten Tagen rumorte es in meinem Kopf. Da einige Fragen für mich unbeantwortet blieben, fing ich an zu denken. Die Ärztin sagte, dass die ganzen Lymphknoten im Oberbauch verschwunden sind. Also nicht die Lymphknoten, sondern die Aktivität in selbigen. An anderen Stellen entlang der Aorta leuchteten dafür neue Lymphknoten. Gab es wohl „bessere“ und „schlechtere“ Orte in so einem Körper, wenn es um die Lage der Leuchte-Lymphknoten ging? War es schlimmer, wenn die in Richtung Herz neu vermehrt leuchteten? Oder war das völlig egal? Hm, ich musste das irgendwie noch klären.

Damit ich nicht zu viel über meine Lymphknoten nachdachte, hatte mein Körper ein neues Projekt für mich parat: mein Nüchternblutzucker schlug eines Morgens mit einem sagenhaften Wert von 18.8 mmol/l (339 gm/dl) zu. Das war selbst für Diabetiker alles andere als normal und ich ging deshalb zu meiner Hausärztin. Diese winkte erstmal ab, als ich ihr von meinem Entsetzen über diesen Wert berichtete. Alles halb so wild, das müssen wir nur wieder richtig einstellen. Von der Idee, dass ich nun auch noch Insulin spritzen sollte, war ich eher wenig begeistert und teilte das auch so mit. Ok, wir würden erstmal schauen, was meine Blutzuckerwerte in der nächsten Woche zu mehr Metformin sagten und dann wollten wir weitersehen. Ich bekam einen neuen Termin und sollte die Woche über brav protokollieren, was es da an Messergebnissen zu protokollieren gab.
Am Nachmittag rief mich meine Ärztin nochmals an und teilte mir mit, dass sie sich intern besprochen hatten (es ist eine Gruppenpraxis) und Ihre Kollegin den nächsten Termin wahrnehmen wird – und versuchen möchte, mich von der Gabe von Insulin zu überzeugen. Mein Einverständnis vorausgesetzt, würden sie sich auch mit dem USZ besprechen. Das war mir natürlich recht. Aber die Sache mit dem Insulin nicht, weshalb ich meinen Arzt im Unispital kontaktierte. Wie erwartet war er sehr entspannt. „Nein, Sie brauchen kein Insulin“ sagte er und bot an, mit der Hausarztpraxis zu sprechen. Die Ärztin solle ihn anrufen. Läuft, wenn die mit dem spricht, ist die Sache vom Tisch, war mir klar. Entspannt notierte ich die Woche über meine Blutzuckerwerte und ging erneut in die Praxis um das weitere Vorgehen zu besprechen. Da war sie nun: die böse Frau, die mir Insulin aufschwatzen wollte. Eigentlich sah sie ganz nett aus. Sie schaute auf meine (inzwischen besseren!) Blutzuckerwerte und fing prompt an mit „vielleicht sollten wir…“. Nein, ich wollte kein Insulin spritzen! Um dem Ganzen mehr Nachdruck zu verleihen, gab ich Vollgas und erzählte ihr was dieser feine Herr Krebs mit mir seit 2015 machte, was ich alles beachten, spritzen, schlucken und anziehen musste. Ich machte vor nichts Halt, befahl meinen Augen „Wasser marsch!“ und als ich ihr zum Höhepunkt meiner Geschichte vom Schlauch in der rechten Niere und an selbigem befestigten Urinbeutel erzählte, der mich einige Monate begleitete, sagte sie schon nicht mehr viel. Es war ihr deutlich anzusehen, dass ihr etwas unwohl war, mir noch mehr aufdrücken zu wollen. Ich schloss ab mit der Frage, ob sie denn gar nicht mit meinem Arzt gesprochen hätte? Nein, hatte sie noch nicht.

Ich ging zur Blutabnahme und sie telefonierte. Als alles erledigt war, ging ich wieder zu ihr ins Sprechzimmer. Mein Arzt im Unispital sähe die Sache sehr entspannt, sagte sie. (Ich sagte ihr nicht, dass der Typ IMMER tiefenentspannt war). Im Rahmen der Therapie seien solche Entgleisungen nicht ungewöhnlich und werden ein ganzes Stück weit toleriert. Ganz platt gesagt: ich werde voraussichtlich nicht an Diabetes sterben! Gut, war diese Sache geklärt. Insulin war vom Tisch, lediglich die Menge Metformin wurde von bisher 1 x täglich 500 mg auf 2 x täglich 1’000 mg erhöht. Wenn mein Nüchternwert unter 10 mmol/l bliebe, wären alle zufrieden. Damit konnte ich gut leben!

Mit der neuen Medikation kamen meine sehr hohen Werte in den nächsten Wochen deutlich runter und ich konnte chillig ans Kofferpacken denken: Abflug nach New York City am 5. Oktober um 9:50 Uhr! Die Vorfreude war gross, schliesslich lag unser letzter Trip nach New York schon einige Jahre zurück. Wir mochten die Stadt einfach und damit wir sie diesmal von der anderen Seite kennenlernen konnten, hatten wir uns eine Ferienwohnung in New Jersey gebucht. Ich will euch gar nicht auf die grosse Folter spannen. Was soll ich schon sagen? New York war wie immer GROSSARTIG! Die tägliche Fahrt durch den Lincoln Tunnel war etwas lästig, aber sonst war es sehr schön abseits vom grossen Trubel in Manhattan zu sein. Dumm war, dass ich direkt am zweiten Tag eine Blasenentzündung bekam. Was am Mittag mit einer leichten Reizung begann, wuchs innerhalb von 2 Stunden auf eine blutige Blasenentzündung an. Ganz heftig. Ich hatte ein Antibiotika dabei, allerdings lag das in unserer Wohnung in New Jersey. Und dort mussten wir erstmal hinkommen. Durch den Lincoln Tunnel, durch den täglichen Stau… Mir war gar nicht wohl bei der Sache, rannte ich doch inzwischen alle 5 Minuten aufs WC. Im Bus musste ich mich stark zusammen reissen, dass ich nicht in Panik verfiel. Mich beschäftigten auch noch so Gedanken wie „Was, wenn das Antibiotikum nicht halt?“ Ich war sicherlich für viele Abenteuer zu haben, hier in New York zum Arzt zu müssen, stand nicht auf meiner Wunschliste. Was sollte ich denen erzählen? „Ich habe eine Blasenentzündung“ und dann „ach ja und ausserdem habe ich da noch einige andere Probleme!“? 🙁 Ich wurde glücklicherweise vom Worst Case verschont. Das Antibiotikum half, verfrachtete mich aber den nächsten Tag ins Bett. Möglicherweise war es aber auch einfach der recht heftige Infekt, der mich in die Waagerechte beförderte. Egal, ich schlief den Schlaf des Gerechten! Nach einem Tag Pause ging es mir wieder gut und wir konnten New York ohne weitere Vorkommnisse geniessen. Ich will euch nicht mit Fotos nerven, deshalb erspare ich euch die geplante Fotostrecke. 🙂

Kaum wieder in Zürich ging meine Therapie in die nächste Runde. Wie immer, hatte ich zuerst ein Date zur Blutabnahme, im Anschluss daran ein Gespräch mit einem Onkologen. Dieser schaute jeweils, ob ich fit war und wenn ich etwas brauchte, konnte ich dem das auch sagen. Und ja, ich brauchte etwas: ein Dauerrezept für ein Antibiotikum, welches ich einwerfen konnte, sollte mir so etwas wie in New York wieder passieren. Ich wollte etwas zu Hause haben für den Notfall, IMMER! Das Rezept bekam ich, ohne dass mein Arzt mit der Wimper zuckte. Wer krank war, bekam so ziemlich alles in diesem Spital. Meine Therapie startete nicht den nächsten Tag, die Kostengutsprache der Krankenkasse lag noch nicht vor. Ich hätte mir die Blutabnahme also schenken können, aber dass ich nun das Rezept hatte, war den Besuch allemal wert!

Mit einer Ladung Tabletten gegen alle möglichen Vorkommnisse gut versorgt, flog ich am 26. Oktober mit einer Freundin nach London. Ich hoffte, dass ich auf diesem Trip nicht wieder von irgendeinem Infekt eingeholt würde. Meine Hoffnungen wurden nicht zerstört. Meiner Blase ging es gut, mir ging es gut – wir hatten eine richtig tolle Zeit in England!! Meine Freundin war nicht soooo begeistert von allem Royalen, weshalb sie auch nur mässig Interesse daran hatte, sämtliche Souvenirshops in London nach einer Teedose von König Charles oder Willy und Kate zu durchstöbern. Aber wie hiess es so schön? Mitgefangen, mitgehangen! Sie schlug sich wirklich sehr tapfer!!!

Leider war das verlängerte Wochenende auf der Insel viel zu schnell vorbei. War ja irgendwie immer so. Viel zu schnell hatte einen der Alltag wieder. Für mich war aber diesmal ganz schön, dass ich direkt in der folgenden Woche den Termin bei meinem Gynäkologen hatte. So richtig beruhigt war ich ja nun noch nicht, was den Bericht zu meinem PET-CT anging. Da war es ganz gut, dass ich die letzten Fragen noch klären konnte. Wie schon erwähnt war mein Arzt immer eher tiefenentspannt und legte auch direkt los, indem er mir sagte, dass eigentlich alles ganz gut aussah. Ich sagte ihm daraufhin, dass ich den Eindruck habe, dass er – selbst wenn ich völlig hinüber wäre – mir noch sagen würde „Ach komm, steh auf, ist alles nicht so schlimm!“. Er musste lachen und verneinte das entschieden. Danach besprachen wir die Aufnahmen und den Bericht des Tumorboards. Auch meine diversen Nebenwirkungen besprachen wir. Das Zeug haute deutlich mehr rein, als alle zuvor dagewesenen Therapien. Aber es sah auch danach aus, dass es tun würde was es sollte. In Summe ist das Ergebnis der Bildgebung positiv, die Lage stabil. Ausserdem vertrug ich das Cemiplimab relativ gut bzw. waren alle Nebenwirkungen auszuhalten. Deshalb konnten wir die Therapie beibehalten und planten die nächste Bildgebung in vier Monaten. Eine Mammographie sollte ich noch über mich ergehen lassen, die letzte Untersuchung lag schon einige Jahre zurück. Aber neu in „nicht schmerzhaft“ als Mamma CT. Ok, von mir aus auch das – aber einfach nix finden, betonte ich ausdrücklich. (Es war wichtig, dass man die Dinge ansprach!) Den Termin für die Aufnahme bekam ich für den 15. Dezember. Das sollte also der nächste Termin sein, der mir ins Haus stand. Von den normalen Therapiesitzungen alle drei Wochen mal abgesehen. Inzwischen lag die Kostengutsprache der Krankenkasse vor und die Therapie wurde wieder angeschoben.

Wie ich schon zu Beginn meines Berichtes erwähnte, bin ich aktuell auf dem Flusskreuzfahrtschiff MS Primadonna. Hier erhole ich mich von den Strapazen der letzten Wochen. Diese viele Reiserei geht auch an mir nicht spurlos vorbei. Zwischendurch war ich auch noch in Osnabrück. Dieser Kutter bringt uns auf der Donau von Passau nach Melk, dann über Wien und Linz zurück nach Passau. Diverse Male am Tag gibt es reichlich zu essen und zwischendurch beobachten wir die zahlreichen Rentner. Top! Heute waren wir in Melk, morgen überfallen wir die Weihnachtsmärkte in Wien.

Falls wir uns nicht mehr sprechen, wünsche ich euch allen ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr. Wir sehen und hören uns sicher in 2024!

Liebe Grüsse
Anja

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