Längere Zeit habt ihr nichts von mir gehört. Nicht, weil es mir schlecht ging, sondern weil bei mir wieder Leben einkehrt! Die letzte Chemotherapie ist nun 5 Wochen her und auch wenn die Chemie noch nicht aus mir raus ist, geht es mir super. Ich fühle mich deutlich kräftiger als in den Wochen zuvor und merke förmlich, dass es wieder aufwärts geht. Besonders stark sieht man die Veränderungen auf meinem Kopf. Die Haare wachsen wieder und da sind wir schon beim Thema: Was mache ich auf Dauer mit meinen Haaren? Färben oder nicht-färben?
Auch wenn man einer Chemo nicht so richtig viel Gutes abgewinnen kann, für eine Bestandsaufnahme der aktuellen Farbsituation des Haupthaares, gibt es kaum etwas Besseres. Einfach mal alles abwerfen und warten was da wächst. Fertig! Blöd ist allerdings die Tatsache, dass die mit der Therapie erhaltenen Substanzen das natürliche Ergebnis stark beeinflussen können. Ich habe sogar von Mitstreiterinnen gehört (und gelesen), die nach einer Chemotherapie ganz weisse Haare hatten – dauerhaft, für immer, überall!! *Schock* Will ich das??? Ich bin mir da nicht so sicher. Trotzdem habe ich beschlossen, den Dingen ihren Lauf zu lassen und einfach mal abzuwarten. Auch wenn ich meine Haare in der Vergangenheit nur im vorderen Bereich färben musste, habe ich dazu eher keine Lust mehr.
Die Spannung stieg mit den ersten Haaren und je länger (1 cm ist lang!!) sie wurden, umso mehr realisierte ich die Farbgebung: Grau! … was rede ich da? – weiss-grau! Eine Freundin sagte „nee, da sieht man auch dunkle Haare!“. Ja, sicher. Die Nadel im Heuhaufen sieht man ja auch ganz prima, wenn man sie erst mal gefunden hat… Ich frage mich langsam, ob ich es wirklich aushalten würde nicht zur Farbe zu greifen, bis sich die erste Locke gebildet hat? Vielleicht sieht es in Grau (weiss) gar nicht so übel aus, wenn die Haare etwas länger sind? Aber der Weg dorthin scheint mir sehr steinig. Mit Locken dauert es sehr lange, bis eine erträgliche Länge erreicht ist. Alles vorher ist eher übel: Locken, kurze Haare, grau… ein ganz schmaler Grat zu „Herzlichen Glückwunsch zum 80. Geburtstag!“. 🙁 (Wo gibt es eigentlich diese „peppige“ blaue und rosa Farbe, die alte Damen gerne in ihren Haaren haben?)

Die eigene Haarfarbe beschäftigt einen doch sehr. Oder nur mich? Sonneneinstrahlung ist übrigens nicht gut für graue Haare. Das macht das Elend noch deutlicher. Ich werde das Projekt Haare weiter verfolgen. Im Moment kann ich es noch gut auf die Chemo schieben. Auch ein Vorteil selbiger, man kann so ziemlich alles auf die Therapie schieben! Graue Haare, Gewichtszunahme … Ich kann da gar nichts dafür, da waren höhere Mächte als Schokolade und Gummibärchen am Werk! 🙂
Apropos Gewicht: Ich verzeichne eine Gewichtszunahme von knapp 7 kg in den letzten Monaten. Frustrierend. So wie es aussieht, ist meine Medikation für den Blutdruck aber nicht ganz unbeteiligt an dem Dilemma. Die Kombination der Blutdrucksenker verursacht gerne Ödeme, also Wassereinlagerungen. DAS kann ich nun gar nicht gebrauchen! Nachdem auch meine Physio mir bestätigt hat, dass ich vermehrt Wassereinlagerungen habe, habe ich mit meiner Ärztin gesprochen und versuche jetzt mal wieder ein anderes Medikament. Irgendwann wird auch dieser Blutdruck eingestellt sein. Nicht heute und nicht morgen, wenn es so weitergeht, aber irgendwann!
Da fällt mir auf: Habe ich eigentlich schon mal meine phantastische Physio gelobt? Nein? Shame on me. Leute, wer immer eine Physiotherapie braucht, geht bitte zu all in all in Zürich-Oerlikon! Ich bin seit Jahren dort (Lymphdrainge) und kann die Damen absolut empfehlen. Es ist ein tolles Team, stets gut gelaunt, flexibel, offen und unkomplizert. So war es für mich auch völlig selbstverständlich, dass ich mich mit meinem ramponierten Ellenbogen in die Hände von Karin und Nicole begab. Ich wurde nicht enttäuscht, sondern bin immer noch völlig begeistert, was die Damen in relativ kurzer Zeit vollbracht haben. Ich kann meinen Ellenbogen zwar noch nicht wieder ganz strecken, aber es wird mit jeder Sitzung besser. Leider heilt so’n Ellenbogen nicht mit der Geschwindigkeit, wie ich es gerne hätte. Geduld ist ja so meine Stärke… Aber wir sind dran. Es geht stetig aufwärts und ich kann schon wieder mit dem Velo fahren. Über Letzteres freue ich mich ganz besonders, da Corona ja immer noch allgegenwärtig ist und ich nach wie vor den ÖV möglichst vermeide. Jetzt kann ich wieder alle Termine mit dem Velo erledigen und bin ein Stück freier geworden.
Am 14.8. musste ich – vorerst zum letzten Mal – einen Shuttle Dienst zum Unispital organisieren. An dem Tag fand meine erste Avastin-Behandlung (Immuntherapie) statt. Im Gegensatz zur Chemo ist diese Therapie eher unspektakulär. Ein guter Freund holte mich mit seinem Auto am morgen ab und brachte mich in USZ. Heute fuhr die Dame mal Alfa Romeo. Die heutige Therapie sollte nicht so lange dauern und so wartete mein Wagen in der Nähe, um mich später wieder nach Hause zu bringen. Obwohl das Antikörperzeug überhaupt nichts mit mir machte, während es in mich hineinlief, bildete ich mir ein müde zu werden. Vermutlich lag das an der Umgebung oder an dem Stuhl, auf dem ich sass. Ich war es gewohnt dort Substanzen zu erhalten, die fürchterlich müde machen. Die Infusion selber dauerte lediglich eine halbe Stunde und war somit schnell erledigt. Mit kurzem Arztgespräch (die Stelle um meinen Port war nach der Infusion angeschwollen – eher blöd, im Auge zu behalten) und Portpflege, war ich ungefähr eine Stunde dort. „Mein“ Wagen brachte mich anschliessend wieder nach Hause. Die erste Behandlung hatte ich absolviert. Diesen Event würde ich in den nächsten Wochen, Monaten, Jahren öfter geniessen dürfen. Nämlich alle 3 Wochen! Eine sehr eigenartige Vorstellung… aber wenn’s hilft!? Echte Alternativen gibt es im Moment wohl eher keine.
Gestern, am 27.8. war ich zum ersten Mal mit dem Velo im Spital. Mit meinem E-Bike ging es erstaunlich flott und ich brauchte nur 20 Minuten. Nicht übel. Zunächst ging ich ins Nord 1 in die Tagesklinik, um mir meinen Port anstechen zu lassen. Es lief alles einwandfrei und es wurde auch nichts dick. Unsere Befürchtungen, dass mit dem Port etwas nicht in Ordnung sein könnte, bestätigten sich nicht. Mit angestochenem Port ging ich rüber ins Hauptgebäude, zu meinem Termin in der Nuklearmedizin. Heute stand „PET-CT“ auf dem Programm und ich war durchaus etwas aufgeregt. Schliesslich ging es um was. Diese Aufnahme wird zeigen, was die Chemo gemacht hat – oder eben auch nicht. Im besten Fall ist der Krebs zurückgegangen, im ungünstigsten Fall hat er sich ausgebreitet. Mit einem Stillstand könnte ich sicher gut leben, auch wenn ich das als etwas frustrierend empfinden würde. Auf jeden Fall ist mit dieser Aufnahme erstmalig ein Vergleich Februar (vor der Therapie) vs. August (nach der Chemo) möglich.
Nach 2 Stunden waren alle Aufnahmen gemacht und ich konnte nach Hause fahren. Jetzt muss ich warten. Auf die Auswertung der Bilder und auf den Anruf und Bericht meines Arztes. Warten, super. Drückt mir die Daumen!
Liebe Grüsse, Anja