nntag ist ein Sonntag, der schon lange in meinem Terminkalender steht. Ein Tag, auf den ich mich schon sehr lange gefreut habe. Genau gesagt, seit dem 30. September 2019. An dem Tag haben wir unsere Wanderferien 2020 gebucht und heute wären wir gestartet. Mit dem Flugzeug um 7.10 Uhr ab Zürich, wären wir inzwischen in London gelandet und mit dem Zug auf dem Weg nach Wales. Nach einer Zwischenübernachtung in Cardiff und Weiterreise zu unserem Startpunkt in Amroth, hätte unsere Wanderung auf dem Pembrokeshire Coast Path Übermorgen begonnen. Diesmal hatten wir uns wieder eine längere Tour ausgesucht. 7 Tage lang wären wir gewandert und hätten euch – wie auch in den Vorjahren – auf www.ladyhikers.ch davon berichtet.
Nun fällt diese Reise leider aus. Schade. Nicht nur der Krebs ist schuld, auch Corona versaut uns diese Ferien. Man soll ja alles positiv sehen. Und so frage ich mich, ob es auch über abgesagte Ferien etwas Positives zu berichten gibt. Ja, das gibt es: das leidige Kofferpacken bleibt mir erspart! Alle die mich gut kennen wissen, dass mir Kofferpacken derart ablöscht, dass ich schon am liebsten zu Hause bleiben würde. Dieses Problem habe ich nun nicht. Ausserdem bleibt mir ein gewisser Frust erspart, der in den Vorjahren gerne auftauchte: nämlich dann, wenn ich feststellte, dass Wanderhosen eben doch einlaufen können. Ausserdem hat uns Corona sämtlichen Stress mit der Reiserücktrittsversicherung, die wir wegen Krankheit hätten bemühen müssen, abgenommen.
Wow, einige positive Dinge habe ich gefunden. Irgendwie finde ich es trotzdem scheisse, dass wir nicht gehen können und ich statt einer schönen Reise mit meiner Freundin, am Dienstag im Unispital zu Chemotherapie gehen muss!
Ich stelle fest, dass mich die Notwendigkeit dieser Chemotherapie inzwischen sehr belastet. Anders als in 2015, als eigentlich alles ätzend war, geht es mir jetzt verhältnismässig gut. Mir tut nichts weh, ich bin sogar relativ fit (trotz Chemo) und vom Krebs merke ich auch nichts. Bei dem Gedanken, dass ich mir ab Dienstag wieder knapp eine Woche nicht so toll geht, könnte ich schon auf Vorrat heulen. Das frustet. Ich will das alles nicht mehr. Ich habe keine Lust mehr auf diese Krebstherapie. Warum verschwindet der Krebs nicht einfach wieder? Einfach so, wie er auch gekommen ist? Viele sagen mir „du hast am Dienstag schon die Hälfte geschafft!“. Nein, ich habe ERST die Hälfte geschafft und ob der Müll hilft, weiss eigentlich auch noch Niemand. Ich bin die letzten Tage eher näher am Wasser gebaut. Klar, es könnte mir schlechter gehen. Aber es könnte mir ohne dieses ganze Zeug auch viel besser gehen. Ich kann dem Ganzen nichts Positives abgewinnen und ich will auch gar nicht – ich will, dass es einfach wieder so ist wie früher. Aber das wir nicht passieren. 🙁
Ich muss mich korrigieren, es gibt doch etwas Positives an der Chemotherapie: Haarpflege war noch nie so einfach wie jetzt! Die Haare fallen auch kaum noch aus, aber sie sind sehr weiss/grau geworden. (Nein, dass ist nicht der normale Zustand den ich hätte, wenn ich die Haare nicht immer gefärbt hätte!!! Sie sind noch an sehr vielen Stellen ganz dunkel! Ehrlich, ich schwöre!)
Augenbrauen und Wimpern sind auch noch da. Bei den Wimpern merke ich, dass sie weniger werden. Macht aber nichts, damit kann ich gut leben. Es war eine richtige Entscheidung, die Perücke von damals im Keller zu lassen. Wenn muss, setze ich ein Tuch auf den Kopf. Oder zum Spaziergang eine Kappe – schon alleine wegen der Sonne.
Corona trägt sicherlich auch einen Teil dazu bei, dass es mir mitunter nicht so gut geht. Ich bin schon sehr eingeschränkt. Die Grenzen sind zwar bald wieder ganz offen, aber nach Norddeutschland zu reisen, kommt für mich als Hochrisikopatient eher nicht in Frage. Mal wieder mit ruhigem Gewissen einkaufen zu gehen, wäre auch toll. Meine Versorgung klappt allerdings tadellos. Ich habe viele Freunde und auch liebe Menschen in der Nachbarschaft, die sich um mich kümmern. Ausserdem sind die Kinder recht gute Einkäufer geworden.
Gestern war ich mit einer Freundin spazieren und da das Wetter so schön war, haben wir es getan: wir waren in einem Biergarten. Und das war richtig, richtig klasse! Nicht nur, weil das Wetter perfekt war und das kühle Getränk nach unserem immerhin 1-stündigen Gang sehr lecker war, sondern auch deshalb, weil wir schon so lange nicht mehr in einem Restaurant waren. Es war nicht zu voll, die Tische weit voneinander entfernt und so haben wir die Panaché wirklich sehr genossen. Ich hoffe, wir können bald wieder ganz zur Normalität übergehen. Restaurantbesuche mit Freunden sind schon eine schöne Sache.

Bewegung – besonders Spaziergänge – sind gut für meinen Blutdruck. Der ist nämlich immer noch viel zu hoch und hat sich inzwischen wieder bei 155/85-170/95 eingependelt. Letzte Woche habe ich mit meiner Hausärztin gesprochen und nun ein weitere Pille in meine morgendliche Routine aufgenommen. Ich stelle fest, je mehr Pillen ich nehmen muss, umso älter fühle ich mich. Keine Ahnung warum das so ist. Ich bin einfach froh, dass ich alle Tabletten zur gleichen Zeit einnehmen darf. Also Hand auf, 5 Pillen rein, in den Mund werfen und mit Wasser runterschlucken. Fertig!
So, jetzt habe ich mich für heute genug ausgeheult. Ich sehe mit leichtem Schrecken der nächsten Therapie entgegen und bete, dass mir am Montag wenigens der Corona Test erspart bleibt. 🙂
Bis bald und liebe Grüsse, Anja